#9 Unterwegs im Krankenhaus

Wieder mache ich mich mit weißem Kittel, Klemmbrett und einem Satz Karten uvm. bewaffnet auf den Weg ins Kinder-Klinikum Baca Ortiz. Schon auf dem kurzen Fußweg von dem Büro der Fundación Sol y Vida zum Klinikum, male ich mir das Bild aus, das mich wieder erwarten wird. Doch an die Szenerie werde ich mich wohl nie so ganz gewöhnen: Unzählig viele Kinder sitzen/liegen (im besten Fall:) hampelnd, schreiend oder schlapp auf dem Schoß/in den Armen von teils total gestressten Eltern. Ein Blick um die Ecke zeigt weitere Stuhlreihen mit Patienten, die großteils schon seit Stunden darauf warten, dass auf den flimmernden Monitoren neben der nervigen Werbung endlich ihre Nummer erscheint!

Ich muss noch durch eine weitere Türe, hinter der noch mehr Eltern mit ihren Kindern auf die Ärztin warten. Hier tragen auffällig viele Kinder Mütze und, geschwächt von der Chemo (auf deren nächste Gabe sie gerade warten), wuseln hier auch viel weniger durch die Gegend. Ich frage mich, welches Organisations-Genie dafür verantwortlich ist, dass all diese Kinder mit kaum mehr vorhandenem Immunsystem durch die wartenden kranken Kinder aller Art laufen müssen, nehme es dann aber so hin und beginne damit den Patienten unserer Fundación und ihren Eltern, die hier auf die ambulante Chemo oder eine Konsultation der Ärztin warten, Gutscheine für ein warmes Mittagessen zu verteilen. Nach dem Warteraum geht es noch zum Behandlungszimmer der ambulanten Chemotherapie und danach mache ich mich auf den Weg in den 5. Stock, wo die stationären Patienten untergebracht sind. Dort kommen dann neben den Essens-Gutscheinen und den Kärtchen mit der Adresse der Fundación, die an neue Patienten verteilt werden, auch meine mitgebrachten Spiele und Ausmalbilder zum Einsatz. 

Die Kids hier haben, außer den immer gleichen DVDs auf nicht mehr ganz so guten Fernsehern, nicht viel Abwechslung in ihrem Klinik-Alltag, wie auch die Eltern, die häufig den ganzen Tag bei den Kleinen verbringen. So freut sich heute die 10 jährige Carmen besonders, und auch die gefühlt 20ste Runde Schwarzer Peter wird ihr nicht langweilig. Ihre Mutter nutzt die Zeit, in der ich bei ihrer Tochter bin, um einige Dinge zu erledigen. Wie so typisch für Ecuador dauert das natürlich länger als gedacht und in den fast 2 1/2 Stunden wechseln wir dann doch noch von Schwarzer Peter auf Mau Mau und ein Olaf-Ausmalbild. 

Nachdem ich noch durch die anderen Zimmer gegangen bin, lege ich meine Sachen im Büro ab und gehe in das kleine super nette Restaurant essen, von dem auch unsere Patienten die Gutscheine bekommen.
Freudig winkt mir beim Hereinkommen die kleine Celina vom Tisch in der Mitte zu. Sie hat einen Hirntumor und nachdem die Chemo bei ihr nichts geholfen hat, konnte sie, nach einer kleinen Erholungsphase zuhause, nun mit der Bestrahlung anfangen. Diese läuft, Gott sei Dank, sogar besser als erhofft und so hat die Kleine nach dem Essen noch genügend Kraft ein bisschen "rum-zu-quatschen".

Nachdem ich danach noch ein paar Stunden im Büro gearbeitet habe, wo wir den Patienten, die in Behandlung sind Medikamenten-Rezepte bewilligen,  Kleidung, Schuhe, Spielsachen etc. verteilen, und vor allem für die häufig gestressten Eltern ein offenes Ohr und die Kinder einen Ort zum Spielen geben. 

Die Geschichten, die man hierbei von den Familien mitbekommt und die Situation, die sie im ecuadorianischen Gesundheits-System und hier im Krankenhaus aushalten müssen, sind dabei ( vor allem für mich als,  in dieser Hinsicht, verwöhnte Europäerin ) schon oft hart zu hören. Umso schöner und zufriedenstellender ist dann aber das Wissen darum, dass es jetzt jemanden (= die Fundación) gibt, die ihnen in ihren Nöten hilft, ihre Sorgen ernst nimmt und sie vor allem nicht mehr alleine dastehen!

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Kommentare: 1
  • #1

    Andrea (Sonntag, 05 Februar 2017 10:55)

    Ganz toller Bericht, auch wenn der Inhalt natürlich traurig und nachdenklich stimmt. Zum Glück gibt es "Sol y vida" und viele ähnliche Organisationen, die versuchen etwas Abhilfe zu schaffen!