#13Der Club der bunten Bänder

Als Kind im Krankenhaus zu liegen ist blöd! Das ist es schon in Deutschland, wo zwar nicht übermäßig viele, aber immerhin genügend Krankenschwestern zur Verfügung stehen, besonders schwere Fälle auf der Intensivstation oder in Einzelzimmern versorgt werden, Familie und Freunde vorbeischauen und es meist noch irgend eine Art Spielzimmer oder Programm für die Kids gibt.

Am Valentinstag verteile ich den Kindern eine persönliche Karte...
Am Valentinstag verteile ich den Kindern eine persönliche Karte...
...aber natütlich ist das aller aller wichtigste daran erstmal der Lolly!
...aber natütlich ist das aller aller wichtigste daran erstmal der Lolly!

Aber hier? Das Kinder-Krankenhaus Baca Ortiz ist vom Gesundheitsministerium organisiert. Hier kommen nur die Ärmsten der Armen hin und da der Staat sowieso schon kein Geld hat, und dieses dann auch noch ziemlich viele Korruptions-Kürzungen durchläuft, kann man sich die Situation ja vorstellen.

In diesem Krankenhaus kommen die nicht-krankenversicherten Kinder aus dem ganzen Land an, wenn ihnen Krebs diagnostiziert wurde. Da stellt man sich jetzt vielleicht eine riesengroße Station mit hunderten von Betten vor? Falsch gedacht! Jeder zusätzlich stationär aufgenommene Patient würde hohe Kosten verursachen und die Kapazität der Station müsste um ein Vielfaches aufgestockt werden. Die Lösung? Man behandelt einfach alle Fälle, die es irgendwie zulassen ambulant! Dass ein Chemo-Patient dann schon mal viele, viele Stunden am Tag mit dem Fernbus zum Krankenhaus fahren muss, dort viele Stunden auf die Behandlung wartet, um dann wieder den Heimweg auf sich zu nehmen, muss man halt in Kauf nehmen!

 

Hat es ein Kind dann aber geschafft, aufgrund seines wirklich schlechten Gesundheitszustandes einen Platz auf der 5. Station, der Onkologie zu bekommen, kann es sich aber auch nicht wirklich glücklich schätzen; kleine, vollbelegte Zimmer, komplett gestresste Ärzte und Krankenschwestern und ihre Eltern meist am Ende ihrer Kräfte, sind an der Tagesordnung.

 

Gerade haben wir wieder so einen Fall. Ein Mädchen, das mit seiner Mutter hier ist. Diese sitzt nahezu den ganzen Tag bei ihr und hat nur selten Kontakt zu ihrer Familie, die am anderen Ende Ecuadors wohnt. Ihr Mann ist schon viel zu alt, um sich um die Familie kümmern zu können und deshalb übernimmt die 15jährige Tochter die Verantwortung für ihre zwei kleineren Geschwister. Sie selbst ist gerade auch schwanger, aber da ihr Vater bereits über 80 ist kann er nicht mehr für die Familie sorgen. Eines Tages erzählt uns die Mutter weinend, dass ihre jüngste Tochter mit 9 Jahren von einer Gruppe Männer gewaltsam überfallen wurde und seitdem immer wieder selbst Gewaltausbrüche durchmachen. Gestern Abend ist sie z.B. mit einem Messer auf ihre große Schwester und ihren kleinen Bruder losgegangen und wollte deren Pulsadern aufschneiden. Die Mutter sitzt hier total hilflos und kann nicht für ihre Familie Zuhause da sein. Als hätte sie hier mit ihrer krebskranken Tochter nicht schon genügend, worüber sie sich Sorgen machen müsste!

  

 

Sie freut sich immer unglaublich, wenn ich im Krankenhaus vorbeischaue und sie jemanden hat, der ihr zuhört! Sie spricht total leise und mit so einem Akzent, dass ich mir schwer tue, immer alles ganz genau zu verstehen. Aber darauf kommt es auch gar nicht an!

Bei meinen Besuchen im Krankenhaus rede ich nicht nur viel sonder spiele auch viel mit den Kids, aber nach gefühlt tausend Runden Schwarzer Peter, Mau Mau und zig bunten Ausmalbildern, habe ich mich dann auf die Suche nach einer neuen zusätzlichen Aktivität gemacht: Etwas motorisch möglichst einfaches (die meisten Kids haben einen Infusionszugang am Handrücken) und nicht zu erschöpfendes, das klein genug für meine Kitteltasche ist und am besten noch schnell Resultate zeigt.
Da kam mir mein Cousin Jannik in den Sinn, von dem ich schon ziemlich coole Loom-Armbänder bekommen habe und nachdem ich hier bestimmt 10 Einkaufsläden durchsucht und abgefragt hatte, sah ich dann endlich die lang ersehnten Gummi-Ringe im Regal!
 

Obwohl ich gleich 6 Packungen gekauft habe, waren die Kids so begeistert und ich musste bald Nachschub besorgen. Hierbei ein riesiges Dankeschön an Jannik! Vielen Dank von mir und allen Kids, dass du nicht nur die Idee für die Aktion gebracht hast, sondern auch noch die Materialien finanzierst! Unsere "Produktion" hier läuft super und die Kids machen nicht nur für sich sondern auch für Geschwister, Eltern und Bettnachbarn fleißig Armbänder. So sind bald auch die jüngeren Kinder, die noch zu klein zum Knüpfen sind, mit Armbändern versorgt. 

Ein kleiner aber feiner "Club der bunten Bänder" ist entstanden. Doch nicht nur die Kids haben Freude an den Bändern. Als ich den Raum mal kurz verlasse, um nach einem anderen Kind zu sehen, sehe ich beim Zurückkommen zwei Mamas zusammen an einem Band arbeiten. Beide machen gerade eine schwere Zeit durch, aber ich sehe, wie sich auch hier ein kleiner "Mama-Club" gebildet hat, die zusammen essen gehen oder gegenseitig mal nach den Kindern sehen, wenn die andere Mama gerade etwas erledigen muss.

 

Hier noch ein paar Kids, die stolz ihre kleinen Meisterwerke präsentieren:

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